Digitale Zwillinge: Ein Paradigmenwechsel für robuste Systemarchitekturen

Digitale Zwillinge sind in der Produktentwicklung eine feste Größe. Weniger bekannt ist, dass sie auch in der Programmierung von Software eine zunehmende Rolle spielen. Für einige Experten ist die Einführung von Digital Twins ein Meilenstein in der Softwareentwicklung. Dieser Artikel beleuchtet, was Software-Zwillinge sind und wie sie dabei helfen, die Komplexität großer Softwaresysteme zu managen.
Eine hübsche Frau mit Kopfhörern. Vor ihr das Hologramm eines Schaltpanels. Sie drückt auf die Taste Digital Twin - Digitale Zwillinge.
© putilov_denis
Erstellt von Dietmar :ago

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Digitale Zwillinge: Definition und Grundlagen

Digitale Zwillinge (Digital Twins) sind im Zeitalter von Industrie 4.0 ein wesentlicher Faktor in Produktions- und Planungsprozessen von Organisationen. Der Markt für den digitalen Zwilling wird im Jahr 2024 auf rund 20,07 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bis 2032 soll er voraussichtlich auf über 240 Milliarden anwachsen.

Was versteht man unter digitalem Zwilling?

Digitale Zwillinge sind per Definition virtuelle Repräsentation eines physischen Objekts, eines Prozesses oder eines Systems. Sie bilden reale Objekte detailgetreu nach, um ihr Verhalten und ihre Eigenschaften zu analysieren. So können beispielsweise Veränderungen oder Anpassungen simuliert werden, ohne dass ein physischer Gegenstand oder ein aktives System davon beeinflusst wird. Das erfordert eine kontinuierliche Übertragung von Daten vom Objekt zum virtuellen Modell. Ein digitaler Zwilling ist damit im Prinzip so etwas wie ein Stellvertreter oder ein Dummy.

Wo werden digitale Zwillinge eingesetzt?

Eingesetzt werden diese Modelle in diversen Bereichen. Dazu gehören unter anderem:

  • Industrie und Fertigung
  • Bauwesen und Infrastruktur
  • Gesundheitswesen
  • Automobil- und Luftfahrtindustrie
  • Energie- und Versorgungswirtschaft
  • Bergbau und Rohstoffgewinnung
  • Logistik und Supply Chain Management

Digital Twins in der Produktion

Digitale Zwillinge dienen u.a. zur Simulation von Produktionsabläufen. Dadurch lassen sich Engpässe identifizieren und beseitigen. Ferner unterstützen sie die Qualitätssicherung durch Echtzeitüberwachung von Produktparametern und sofortige Fehlererkennung. Das Wartungspersonal kann mit ihrer Hilfe virtuelle Schulungen durchführen, um Reparaturen und Abläufe sicher zu erlernen.

Digitaler Zwilling in der Medizin

Digitale Zwillinge finden Anwendung im Patientenmonitoring. Bei dieser Methode werden Echtzeitdaten zur Erstellung eines digitalen Abbilds des individuellen Gesundheitszustands genutzt. Im Bereich der personalisierten Medizin helfen sie Ärzten, Behandlungspläne auf die Physiologie eines Patienten abzustimmen. Das geschieht z.B. durch die Simulierung von Medikamentenwirkungen. Experten schätzen, dass der Markt für den digitalen Zwilling in der Medizin bis 2028 ein Volumen von mehreren Milliarden US-Dollar erreichen wird.

Wie profitiert die Versorgungswirtschaft von Digital Twins?

Vor allem die Bereiche Energie, Wasser und Abwasser profitieren vom Einsatz digitaler Zwillinge. Sie tragen zur Optimierung komplexer Infrastrukturen bei. Unter anderem ermöglichen sie die Echtzeit-Überwachung von Stromnetzen, Kraftwerken und Verteilungsanlagen. Durch die vorausschauende Wartung von Anlagen wie Windturbinen oder Pumpen können Ausfälle minimiert und die Betriebseffizienz um bis zu 35 % verbessert werden. Außerdem unterstützen Digital Twins die Integration erneuerbarer Energien, indem sie die Stabilität des Stromnetzes bei schwankender Einspeisung simulieren.

Logistik und Supply Chain Management

Im Bereich Logistik werden digitale Zwillinge zur Echtzeit-Überwachung des Warenflusses eingesetzt. Dadurch lässt sich die Leistung von Lieferketten detailliert abbilden. Für die Prognose und Bedarfsplanung nutzen sie historische und Echtzeitdaten, um die Genauigkeit von Vorhersagen um 20 - 30 % zu verbessern und so Über- oder Unterbestände zu vermeiden. Im Bereich der Lageroptimierung helfen Digital Twins dabei, Kommissionierrouten zu verbessern. Sie ermöglichen die Simulation komplexer Szenarien wie Lieferengpässe oder unvorhergesehene Ereignisse. DHL hat beispielsweise digitale Zwillinge in ihre Lager integriert, um schnellere Bearbeitungszeiten zu erzielen.

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Was ist ein digitaler Zwilling in der Softwareentwicklung?

Im Gegensatz zu den traditionellen digitalen Zwillingen, die primär physische Objekte abbilden, konzentriert sich der Software-Zwilling auf die digitalen Aspekte selbst. Mit seiner Hilfe werden Qualität und Effizienz des Softwareentwicklungsprozesses verbessert. Vor allem für die Früherkennung der Softwarefehler ist ein digitaler Zwilling äußerst nützlich. Im Großen und Ganzen ermöglicht er die Überwachung und Analyse der Leistung einer Software während des gesamten Entwicklungszyklus. Das umfasst:

  • Design- und Architekturphase
  • Entwicklungsphase
  • Testphase
  • Betriebsphase
  • Wartung und Evolution

Wie verbessern Digital Twins die Robustheit von Softwarearchitekturen?

Durch die Abbildung der Systemarchitektur simulieren Entwickler mithilfe von Digital Twins Änderungen. So lassen sich potenzielle Schwachstellen identifizieren, bevor sie im produktiven Betrieb zu Problemen führen. Bei auftretenden Anomalien oder Performance-Problemen kann sofort reagiert werden. Auf diese Weise wird die Fehleranfälligkeit im Live-System deutlich reduzieren.

Ein Software-Zwilling integriert oft Daten aus verschiedenen Quellen: Code-Repositories, Testergebnisse, Metriken aus Produktionssystemen, Benutzerfeedback etc. Einsatzgebiete für virtuelle Zwillinge sind unter anderem:

  • Automatische Validierung von Software-Architekturen
  • Optimierung von DevOps-Prozessen
  • Simulation von Lasttests
  • Qualitätssicherung

Können digitale Zwillinge Softwarefehler vor der Implementierung erkennen?

Digital Twins schaffen eine isolierte, risikofreie Testumgebung. Das ermöglicht es Entwicklern, Software unter einer Vielzahl von Bedingungen auf die Probe stellen können, ohne reale Systeme oder Daten zu gefährden.

Außerdem können Programmierer mit Software-Zwillingen gezielt Szenarien simulieren, die im produktiven Betrieb zu Problemen führen könnten:

  • Extreme Lastspitzen
  • Netzwerkengpässe
  • unerwartete Benutzereingaben
  • Ausfälle von Drittsystemen
  • bösartige Angriffe

Die Reaktion auf diese Stressoren liefert wertvolle Erkenntnisse über potenzielle Schwachstellen in der Softwarearchitektur und -logik. Fehler, die unter normalen Testbedingungen schwer zu reproduzieren wären, werden durch die gezielte Simulation sichtbar. Somit lässt sich die Software-Resilienz durch digitale Zwillinge perfekt testen.

Was sind die Herausforderungen bei der Implementierung von Software-Zwillingen?

Ein zentrales Problem stellt die Integration großer und heterogener Datenmengen dar. Software-Zwillinge benötigen aktuelle und konsistente Daten aus verschiedenen Quellen und Systemen. Und das oft in Echtzeit. Diese Daten müssen in leistungsfähigen Datenbanken gespeichert und ständig aktualisiert werden. Die Kompatibilität verschiedener Datenformate sowie der sichere und schnelle Zugriff sind hierbei essenzielle Anforderungen. Das bedingt häufig aufwändige Abstimmungsprozesse zwischen Entwicklern, DevOps-Teams und Datenbankadministratoren.

Continious Integration

Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Einbindung von Software-Zwillingen in bestehende Continuous Integration (CI) Pipelines. Software-Zwillinge müssen kontinuierlichen Änderungen in der Softwareentwicklung standhalten und dabei zuverlässig ihre Aufgaben erfüllen. Fehlende oder fehlerhafte Automatisierung bei der Einbindung in CI/CD-Umgebungen kann zu Inkonsistenzen, Testfehlern oder längeren Releasezyklen führen.

Digitale Zwillinge und Datenschutz

Nicht zuletzt stellen Datenschutz und IT-Sicherheit weitere Herausforderungen dar. Schnelle Datenübertragungen, Einbindung externer Schnittstellen und die persistente Speicherung sensibler Informationen in Datenbanken bedürfen umfassender Sicherheitskonzepte und Compliance-Regelungen.

Wie trägt KI zur Entwicklung und Nutzung von Software-Zwillingen bei?

Künstliche Intelligenz analysiert riesige Datensätze. Sie erkennt Muster, die normalen Algorithmen oft verborgen bleiben. Dadurch optimiert KI nicht nur bestehende Prozesse, sondern eröffnet völlig neue Möglichkeiten in der KI-gestützten Architektur-Validierung digitaler Zwillinge.

Schwarzweiß. Das Gesicht einer Frau spiegelt sich in einer künstlichen Umgebung. Die Matrix umgibt sie. Sie ist ein digitaler Zwilling.
© Alexander

Dank KI lassen sich komplexe Systemarchitekturen effizient modellieren und überwachen. Die Automatisierung von Test- und Validierungsprozessen durch KI spart zudem Zeit und Ressourcen in der gesamten Softwareentwicklung. Mithilfe von Algorithmen des maschinellen Lernens lassen sich digitale Zwillinge automatisch mit Echtzeitdaten versorgen, fortlaufend anpassen und validieren. Dadurch wird sichergestellt, dass sie stets den aktuellen Zustand des realen Systems widerspiegelt. Auf diese Weise können besonders zuverlässige Prognosen erstellt werden.

Wie wird der digitale Zwilling die Zukunft der Softwarearchitektur prägen?

Dank digitaler Zwillinge transformiert sich die Softwarearchitektur von einem statischen Designprozess zu einem dynamischen und adaptiven Vorgang. Das erlaubt eine vorausschauende Entwicklung und Anpassung der Software. Mithilfe von virtuellen Zwillingen können Anwendungen auch unter extremen Bedingungen auf Resilienz getestet werden, was für besser Ausfallsicherheit und Fehlertoleranz sorgt.

Proaktive Softwareentwicklung

Die großen Datenmengen, die von digitalen Zwillingen generiert werden, lassen sich durch KI analysieren. So können Muster und Trends erkannt werden, die ein Mensch vielleicht übersehen würde. Basierend auf den Ergebnissen dieser Analysen kann die Softwarearchitektur flexibel angepasst werden. Digital Twins simulieren die Auswirkungen von Veränderungen wie steigende Nutzerzahlen oder neue Funktionen hinzugefügt, noch bevor dies in der Realität geschieht. So können Entwickler proaktiv handeln und die Software so umbauen, dass zukünftige Anforderungen berücksichtigt werden.

Frühwarnsystem und Self Healing

Der digitale Zwilling ermöglicht eine lückenlose Beobachtung der gesamten Softwarearchitektur in Echtzeit. Fehler, Engpässe oder unerwartete Systemverhalten können frühzeitig erkannt und gezielt adressiert werden. Er sieht die gestiegene Last, die Latenzzeiten, die Anzahl der Fehler. Diese Daten sind das “Frühwarnsystem”. Der Zwilling kann dann die optimale Anpassungsstrategie berechnen oder sogar direkt die Befehle zur Anpassung an das reale System senden.

Statt dass ein menschlicher Administrator manuell eingreifen muss, um Probleme zu beheben, können digitale Zwillinge die Softwarearchitektur so steuern, dass sie sich über weite Strecken selbst verwaltet und optimiert. Das wird dann als selbstheilendes System bezeichnet.

Digital Twins fördern agile Softwareentwicklung

Softwarearchitekten werden mit digitalen Zwillingen zunehmend iterativ und experimentell arbeiten. Hypothesen und Systemanpassungen können fortwährend am digitalen Modell überprüft und verfeinert werden. Die klassische Trennung zwischen Entwicklung, Test und Betrieb wird dadurch weiter aufgehoben, dass digitale Zwillinge erstaunlich nahtlose Rückkopplungsschleifen ermöglichen. Reale Betriebsdaten fließen unmittelbar in den Architekturprozess zurück und beschleunigen so die evolutionäre Weiterentwicklung der Software.