Blockchain-Technologie: Wird fairer Handel transparenter?

Die Blockchain-Technologie wird in erster Linie mit der Kryptowährung Bitcoin in Verbindung gebracht. Doch auch darüber hinaus gibt es für dieses Datenbanksystem vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Der Technik-Riese IBM will mittels Blockchain nachhaltiges Wirtschaften fördern. NGOs und Kooperativen träumen von einer Revolutionierung des fairen Handels. Aber wie genau funktioniert dieses System? Und was ist eigentlich Blockchain? Eine Erklärung liefert unser Artikel zum Thema: Blockchain-Technologie und fairer Handel.
Blockchain-Technologie: Wird fairer Handel transparenter?
© rabbitti
Erstellt von Dietmar vor 1 Jahr
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Was ist Fairtrade und wie funktioniert es?

Das Konzept fairer Handel basiert auf dem Prinzip gerechter Handelsbeziehungen. Warenproduzenten in ärmeren Weltregionen sollen bei der Lieferung in Industriestaaten durch die Zahlung fairer Mindestpreise entlohnt werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich im Bereich Fairtrade viel getan. Fair gehandelte Produkte sind in der Nachfrage gestiegen und werten das Image von Unternehmen und Handelsketten auf, die diese Produkte anbieten. Es existieren diverse Organisationen, die fairen Handel kontrollieren. Sie kennzeichnen Fairtrade-Produkte durch entsprechende Logos auf der Verpackung. Am bekanntesten ist hierzulande das Siegel von Fairtrade Deutschland, e.V.

Warum gibt es fairen Handel?

Der globale Warenhandel ist ein komplexes Gebilde. Die Gründe, warum Fairtrade ein sinnvolles Konzept ist, sind vielfältig. Aufgrund der hohen Konkurrenz und des massiven Preiskampfes werden Waren, die in ärmeren Ländern produziert werden, in den Industriestaaten oft zu sehr günstigen Preisen angeboten. Bis eine Tafel Schokolade oder ein T-Shirt auf dem Ladentisch landet, hat es eine weite Reise hinter sich. Die Lieferketten sind lang. Exporteure, Importeure, Lieferanten, Verkäufer: Alle wollen an den Produkten verdienen. Von den Preisen, die im Laden für eine Ware bezahlt werden, kommt nur ein kleiner Teil bei den eigentlichen Produzenten an. Die Folge sind Dumpinglöhne, schlechte Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit. In einigen Regionen der Dritten Welt gibt es zum Beispiel auf Kakaoplantagen Kindersklaven, die für die Ernte ausgebeutet werden.

Das Ziel des fairen Handels ist es, den Lebensstandard der Arbeiter und Arbeiterinnen vor Ort zu verbessern. Die Produzenten selbst sollen einen größeren Anteil der Wertschöpfungskette aufbauen können. Um ein Fairtrade-Siegel zu erlangen, muss ein umfassendes Maß an Kriterien erfüllt sein. Dazu gehört z. B. auch das Verbot von Kinderarbeit. Das dient nicht nur der psychischen und physischen Gesundheit, sondern soll auch eine Beeinträchtigung der Schulbildung verhindern.

Darüber hinaus soll der faire Handel auch nachhaltiges Wirtschaften fördern. Das geschieht zum Beispiel, indem der Anbau von Nahrungs- oder Genussmitteln für Kleinbauern vor Ort finanziell attraktiv gestaltet wird. In vielen Regionen Afrikas und Südamerikas rentiert sich die Landwirtschaft nicht mehr. Die Bauern verkaufen an größere Unternehmen, die auf dem Land Monokulturen anbauen. Kleinere Bauern suchen sich vermehrt Arbeit in anderen Berufszweigen. Zum Beispiel als Minenarbeiter oder als Holzfäller in den Regenwaldregionen. Mithilfe der Unterstützung durch Fairtrade sollen die Bauern animiert werden, Acker- und Weideflächen traditionell und sinnvoll zu bebauen und zu pflegen. Das kommt letztendlich auch der Umwelt zugute.

Fairer Handel in der Kritik

Kritisiert wird der faire Handel u. a., weil die Zertifizierung einen nicht unerheblichen Teil der Kosten ausmacht, die an die Verbraucher weitergegeben werden. Auch sind die Konsumenten oft verunsichert, inwieweit Produkte, die das Fairtrade-Logo tragen, wirklich nachweislich fair gehandelt sind. Die Produktionsbedingungen vor Ort zu prüfen und die Lieferketten bis zum Verbraucher zu verfolgen, ist ein sehr aufwendiges Unterfangen. Hier fehlt den Verbrauchern oft die Transparenz. Genau an dieser Stelle kommt die Blockchain-Technologie ins Spiel.

Was ist die Blockchain-Technologie?

Blockchain ist eine Technologie zur Verwaltung dezentraler Datenbanken. Das Besondere an der Funktionswiese der Blockchain-Technologie ist: Informationen lassen sich verifizieren und kryptografisch verschlüsseln. Das hat in erster Linie folgende Vorteile:

  • Hohe Datensicherheit
  • Gute Rückverfolgbarkeit von Transaktionsdaten
  • Hohe Transparenz in Bezug auf vorgenommen Transaktionen

Wie funktioniert Blockchain?

Die Erklärung der Funktionswiese der Blockchain-Technologie leitet sich aus dem Namen ab. Was heißt Blockchain auf Deutsch? Blockchain heißt übersetzt so viel wie Block-Kette. Es handelt sich dabei um eine kontinuierliche Verkettung von Datensätzen. Diese werden in Blöcken zusammengefasst. So wird ein Datenblock an den nächsten gekettet. Das ermöglicht u.a. eine lückenlose Aufzeichnung von Transaktionen.

Wo werden Blockchain-Daten gespeichert? Die Daten können auf einer beliebigen Anzahl an Speichermedien (Rechner, Server etc.) über den gesamten Erdball verteilt gespiegelt vorliegen. Da es sich nicht um zentral gespeicherte Informationen handelt, sprechen wir bei der Blockchain-Technologie von dezentraler Datenspeicherung.

Was macht die Blockchain-Technologie so sicher?

In puncto Sicherheit muss beim Thema Blockchain zur Erklärung auf das Public-Key-Verfahren verwiesen werden. Bei dieser Form der digitalen Kryptografie kommen zwei Schlüssel zum Einsatz:

  1. Ein öffentlicher Schlüssel, mit dem die Datensätze verschlüsselt werden
  2. Ein persönlicher geheimer Key des Clients, der die Daten entschlüsselt

Der Client ist das Endgerät, das die Daten empfängt. Möchte ein Nutzer auf die Daten zugreifen, wird sein Clientschlüssel geprüft. Das geschieht durch ein spezielles Authentifizierungsverfahren, bei dem der Nutzer seine Authentizität bestätigt.

Da bei dieser Methode zwei verschiedene Schlüssel verwendet werden, sprechen wir von asymmetrischer Kryptographie. Diese hat sich als so sicher erwiesen, dass ein erfolgreicher Angriff von Hackern auf die Blockchain sehr selten ist.

Wo wird Blockchain-Technologie eingesetzt?

Ursprünglich entwickelt wurde die Blockchain-Technologie, um die Kryptowährung Bitcoin sicher in Umlauf bringen zu können. Noch sind die Vorstöße in der Wirtschaft zaghaft im Umgang mit der neuen Technik. Tatsächlich sind die Anwendungsbereiche der Blockhain-Technologie in der Finanzbranche, im Rechnungswesen, in der Wirtschaftsprüfung und in der Logistik äußerst vielfältig. Im Bereich 4.0 testet z. B. die Telekom bereits Systeme zur Transportüberwachung, die auf Blockchain-Technologie basieren.

Eine sinnvolle Anwendungsmöglichkeit können auch Tools für die Buchhaltung sein. Da alle eingepflegten Informationen nachvollziehbar sind und getätigte Transaktionen im Nachhinein nicht mehr abgeändert werden können, garantiert das ein Höchstmaß an Daten-Integrität.

Experten sehen auch im Gesundheitswesen eine Zukunft für die Blockchain-Technologie. Derzeit erfolgt das Erfassen von Patientendaten über Datenbanken, die gegenseitig abgeschirmt sind. Informationen werden aus Gründen der Datensicherheit nur auf Anfrage weitergeleitet. Daraus resultieren inkonsistente Patientenakten. Das kann u. U. die Behandlung erschweren. Dagegen könnte mittels Blockchain eine Info über die Krankenhistorie weltweit zugänglich sein. Dank des Public-Key-Verfahrens wäre sichergestellt, dass nur autorisierte Personen Zugriff auf die Daten erhalten.

Auch Künstler könnten von der Blockchain-Technologie profitieren. Vor allem die Musik- und die Filmindustrie leiden unter der vermehrten Verbreitung von Raubkopien. Mittels Blockchain ließe sich ein System zum Verteilen von Dateien im Internet erstellen, das die unmittelbare Nutzung von einer Zahlung abhängig macht.

Weitere Branchen, in denen Blockchain laut Erklärung von IT-Experten eingesetzt werden könnte, sind:

Blockchain und der faire Handel

Theoretisch lassen sich Fairtrade-Produkte wie Schokolade oder Kakao mittels Blockchain-Technologie von der Ernte bis zum Ladentisch nachverfolgen. Dieses hohe Maß an Transparenz soll den Absatz fairer Produkte steigern, indem es das Vertrauen der Verbraucher in Fairtrade stärkt. Wirklich neu ist dieser Trend nicht. Feldversuche starteten schon vor einigen Jahren. Zum Beispiel durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die im Jahr 2020 eine Initiative für nachhaltige Agrarlieferketten (INA) in Ruanda ins Rollen brachte.

Direkt nach der Ernte wurden die Behälter mit den Kaffeebohnen gelabelt. Diese Label können mit einer Etiketten-Scanner-App auf dem Smartphone ausgelesen werden. Mittels Blockchain-Technologie liefern sie dann Informationen darüber, wo, wann und wie die Kaffeebohnen geerntet wurden. Von diesem Moment an werden die Daten der komplette Liefer- und Verarbeitungskette festgehalten und können über das Label abgerufen werden:

  • Wo und wann wurden die Bohnen geerntet?
  • Wie wurden die Bohnen zum Cargo transportiert?
  • Wie gelangten die Bohnen ins Vertriebsland?
  • Wo wurden die Bohnen geröstet?
  • Wo wurden die Bohnen gemahlen?
  • Auf welchem Weg gelangten die Bohnen ins Geschäft?
  • etc.

Aktuell führt die niederländische Stiftung Fairchain im südamerikanischen Ecuador ein ähnliches Pilotprojekt mit Kakao-Bauern durch. Mithilfe der Blockchain-Technologie und branchenübergreifenden Partnerschaften verfolgt die Stiftung eine Vision: „Durch nachhaltigen Konsum den Bedarf an Entwicklungshilfe zu begrenzen […] und alle Unternehmen in soziale Unternehmen umzuwandeln“. Das Kalkül von Fairchain: Da in einer Blockchain-Datenbank alle Informationen aufeinander aufbauen und die Daten im Nachhinein nicht mehr manipuliert werden können, ist eine „radikale Transparenz“ gewährleistet. Die Stiftung sieht in der Blockchain-Technologie eine Alternative zu üblichen Fairtrade-Kooperationen.

Fairer Handel: Eine Zukunft für die Blockchain-Technologie?

Die Auswertung diverser Pilotprojekte im Bereich Blockchain-Technologie zeigt: Die technische Umsetzung lässt sich gut bewerkstelligen. Der Aufbau der Datenbank und das Verwalten der Daten stellen keine Probleme dar. Dennoch gibt es einige Hürden zu überspringen beim fairen Handel mit Blockchain. Die Erklärung: Eine Nachverfolgung von Lieferketten via Blockchain-Technologie ist vergleichsweise teuer. Stiftungsgelder allein werden die Mehrkosten nicht auffangen können und die Produzenten sollten sie auch nicht tragen müssen.

NGO und Unternehmen setzen darauf, dass Kunden und Hersteller die teuren Preise zahlen, weil sie den Mehrzweck der Blockchain-Technologie gutheißen: Transparenz über faire Handelsbedingungen und das gekaufte Produkt. Theoretisch ließe sich so das Argument der fehlenden Nachvollziehbarkeit fairer Produktionsbedingungen entkräften. Doch wie transparent ist die Blockchain-Technologie wirklich?

Auch wenn sich einmal in die Blockchain eingepflegte Daten nicht mehr verändern lassen: Es gibt keine Garantie dafür, dass die Daten nicht vor der Eingabe in die Datenbank manipuliert wurden. Hier fehlen zusätzliche Kontrollprozesse. Eine Alternative könnte eine Symbiose aus Blockchain-Technologie und etablierten Fairtrade-Modellen sein. Das Problem der hohen Verbraucherpreise bliebe dabei allerdings dennoch bestehen. Ob Blockchain-Technologie und fairer Handel zukünftig Hand in Hand gehen, steht also noch in den Sternen.

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